Happy Muttertag – happy Mutterschaft?

Happy Muttertag – happy Mutterschaft?

Ich bin 38 und kinderlos. Und ich hätte es selbst nicht gedacht, aber ich spüre sie jetzt – dieses leise, aber deutliche Ticken der berühmten biologischen Uhr. Ich habe mich nie intensiv mit dem Thema Kind auseinandergesetzt. Ich dachte immer, das passiert einfach irgendwann – ohne Plan, ohne Kalkül.

Ich kann weder sagen, dass ich einen klaren Kinderwunsch habe, noch, dass ich keine Mutter sein möchte. Manchmal liebe ich meine Freiheit, meine Unabhängigkeit, mein selbstbestimmtes Leben. Und manchmal wünsche ich mir, es gäbe da etwas im Außen, das größer ist als ich selbst. Etwas, das wichtiger ist.

Wenn mir Freundinnen erzählen, wie überwältigend es ist, ein Kind im eigenen Körper wachsen zu spüren, zu gebären, oder diese selbstlose, bedingungslose Liebe zu erleben – dann spüre ich da ein Ziehen im Bauch. Den Wunsch, Teil dieser Erfahrung zu sein.

Doch kaum im nächsten Atemzug höre ich, welche immense Verantwortung vor allem Mütter tragen, welche Einschränkungen, welches strukturelle Ungleichgewicht nach wie vor herrscht – dann schnürt es mir die Luft ab.

Und genau dazwischen stehe ich:

Zwischen dem Wunsch, eine tiefe menschliche Erfahrung zu machen – und der Angst, mich selbst in ihr zu verlieren. Zwischen Sehnsucht und Skepsis. Zwischen persönlicher Offenheit und einem System, das wenig Raum lässt für gleichberechtigte Elternschaft.

Denn Mutterschaft ist nicht nur Gefühl. Nicht nur ein Baby auf der Brust, nicht nur Liebe und Wärme. Mutterschaft ist auch ein gesellschaftliches Konstrukt – mit klaren Rollenzuweisungen. Ein System, das vorgibt, wer sich kümmert, wer zurücksteckt, und wer dafür Beifall oder stille Erwartung erntet.

In diesem System ist Mutterschaft voller Widersprüche:

Sie kann Erfüllung bringen – und Erschöpfung. Nähe – und Isolation. Sie kann Sinn stiften – und gleichzeitig das eigene Leben aus den Angeln heben.

Und der Preis ist hoch: Wer Mutter wird, zahlt oft mit Zeit, Geld, beruflichen Chancen. Die Freiheiten, die sich Frauen über Generationen erkämpft haben, enden dort, wo unbezahlte Care-Arbeit beginnt – und meistens bei ihnen bleibt.

Denn auch im Jahr 2025 leisten Frauen in Deutschland den Großteil der Sorgearbeit. Sie unterbrechen ihre Karrieren, jonglieren zwischen Lohnarbeit und Familienalltag, müssen sich rechtfertigen – egal, wie sie sich entscheiden. Ob sie früh wieder arbeiten oder zu Hause bleiben. Ob sie laut werden oder sich zurückziehen.

Gerade bin ich bei meiner Familie zu Besuch. Mein Bruder hat drei kleine Kinder – eins, drei und vier Jahre alt. Das bedeutet  unfassbar viel Arbeit. Ich denke jedesmal wie schaffen das so viele Menschen ohne verrückt zu werden. Er und seine Partnerin machen das gut zu zweit. Und doch wird mir einmal mehr bewusst, wie sehr der Satz „It takes a village to raise a child“ stimmt.

Elternschaft – und besonders Mutterschaft – sollte geteilt werden. Ich wünsche mir neue Modelle, in denen nicht nur Mutter oder Vater Verantwortung tragen, sondern auch Freundinnen, Wahlfamilien, Nachbar*innen. Kinder sollten unterschiedliche Vorbilder erleben dürfen. Das würde nicht nur ihren Horizont erweitern, sondern auch den enormen Druck mindern, unter dem viele Eltern im klassischen Zweiersetting stehen.

Noch habe ich ein paar Jahre. Vielleicht nehme ich diesen Weg, vielleicht auch nicht.

Let’s see where it takes me.

In diesem Sinne male ich jetzt mit meinem Neffen Dinos. Ein Hoch auf alle Mütter, die das tagtäglich stemmen einem fordernden System Wege finden, zu geben, zu kämpfen – und sich selbst dabei nicht zu vergessen. Fröhlichen Muttertag.

 

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